
Zoff um die ISS! Russland will abdocken
Das Wichtigste zum Thema Russland auf der ISS
Nach über 20 Jahren friedlicher Zusammenarbeit im Weltraum dockt Russland ab: Das Land will die Internationale Raumstation ISS nach 2024 verlassen, sagt Juri Borissow, der neue Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos.
Als Ersatz plant Russland eine eigene Station. Schon 2028 sollen die ersten Module starten.
Ein Schlag für die USA: Russland ist von Anfang an wichtigster Partner an Bord der Station und hat 1998 sogar das erste Modul Sarja geliefert.
Immerhin: Russland will die Kündigungsfrist von einem Jahr einhalten.
Geteilte Welt im Weltraum
Die ISS ist in einen russischen und US-amerikanischen Bereich aufgeteilt. Heikel: Bisher sorgten die Düsen von angedockten russischen Progress-Transport-Raumschiffen regelmäßig dafür, die ISS anzuheben, damit sie nicht in die Erdatmosphäre stürzt.
Das ist die geplante neue russische Raumstation
Eine zukünftige russische Raumstation wird deutlich kleiner also die ISS. Die Russian Orbital Service Station (ROSS) würde zudem nicht ständig besetzt sein, sondern nur gelegentlich von Kosmonautinnen und Kosmonauten zum Forschen besucht.
Weil dann keine aufwendigen Lebenserhaltungs-Systeme gebaut werden müssten, würde der Unterhalt deutlich billiger. Trotzdem dürfte die Station eine finanzielle und technische Herausforderung für das Land sein. Durch die westlichen Sanktionen gelingt es Russland derzeit nur mit Mühe, zivile Flugzeuge in der Luft zu halten.
ROSS: So soll die russische Raumstation aussehen
Diesen Entwurf für die Russian Orbital Service Station (ROSS) hat Russland im August 2022 vorgestellt.
Das steckt hinter dem ISS-Ausstieg
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Ausstiegsgrund Langeweile: Borissow gibt an, für die russischen Wissenschaftler:Innen an Bord gäbe es nicht mehr genug zu erforschen.
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Die wahre Ursache für den vorzeitigen Rückzug dürfte eine Mischung aus Ärger und Panik aufgrund der westlichen Sanktionen sein. Es ist die letzte Chance, sich zu verabschieden, ohne zugeben zu müssen, dass der russischen Raumfahrt Geld und Ersatzteile ausgehen.
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Bis vor kurzem hatte der ehemalige Chef der Raumfahrtbehörde, Dmitri Rogosin, sogar direkt gesagt, Russland mache nur dann weiter, wenn der Westen die Sanktionen beende.
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Rogosin fällt immer wieder mit Hass-Botschaften gegen andere Länder auf. Sein Twitter-Account ist eine Fundgrube für rohe Beleidigungen - sehr ungewöhnlich für die kooperative Raumfahrt-Welt. Nun ist er entlassen worden.
Spannungen nehmen zu
Seit einiger Zeit schon werden Spannungen offenbar. Als die ISS-Crew 2018 ein Leck im angedockten Sojus-Raumschiff MS09 bemerkten, behauptete die russische Raumfahrtbehörde später, eine US-Astronautin habe aus psychischer Instabilität ein Loch hineingebohrt, verweigert aber bisher den Einblick in ihre Untersuchung. Die NASA hingegen vermutet einen Montagefehler noch auf der Erde.
Das Problem der russischen Raumfahrt
Die große Zeit der russischen Raumfahrt waren die 1950er und -60er: der erste Satellit, der erste Mensch im Weltraum. Vor allem seit dem Ende der Sowjetunion 1990 geht es bergab. Die russischen Raketen sind zuverlässig, aber uralt. Sie werden von den preiswerten Riesen-Raketen von Elon Musk rechts überholt.

Russland möchte unter anderem aus der ISS aussteigen, weil sie künftig eine Lawine von Pannen überrollen würde. Damit kennen sich die russischen Astronaut:innen aus. Ihre MIR-Station war am Ende lebensgefährlich. Einmal wurde sie von einem Transporter gerammt, der die Sonnensegel beschädigte, ein anderes Mal füllte eine in Brand geratene Sauerstoff-Patrone die Station mit Rauch.
© NASA
Der russischen Raumfahrtprogramm fehlt das große Ziel. Wollte die kommunistische Sowjetunion früher den kapitalistischen Westen übertrumpfen, geht es heute nur noch um nationalen Stolz - ein vergleichsweise schnödes Ideal. Statt auf Wissenschaft und Wirtschaft setzt Russland fast nur aufs Militärische. 80 seiner 134 Satelliten haben vermeintliche Gegner im Blick.
Das Schlimmste: Statt umgerechnet 70 Milliarden für die russische Raumfahrt gab es bei der letzten Verteilungsrunde nur 20 Milliarden Euro für die kommenden zehn Jahre.