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Hiroshimas Kanincheninsel: Von der Giftgasfabrik zum Streichelzoo

  • Veröffentlicht: 18.11.2022
  • 15:45 Uhr
  • Sven Hasselberg
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Vor Japans Küste haben Hunderte Kaninchen eine Insel erobert. Hier erfährst du, was dahintersteckt und welche dunklen Geheimnisse Okunoshima viele Jahre lang gehütet hat.

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Das Wichtigste zum Thema Kanincheninsel

  • Über 1.000 Kaninchen auf gerade mal 98 Fußballfeldern - das ist die Situation auf der japanischen Insel Okunoshima. Was Touristinnen und Touristen zu Ausrufen "ah, wie süß" und "oh, wie knuffig" hinreißt, hat eine grausame Geschichte.

  • Die nur 0,7 Quadratkilometer große Insel liegt etwa drei Kilometer vor der Küste bei Hiroshima - und wurde einst zur Giftwaffenproduktion genutzt. Bis 1945 stellte die Fabrik unter anderem Senfgas her.

  • Die Forschenden vertrieben Marder, Füchse und Ratten aus hygienischen Gründen. Die Kaninchen hatten keine Feinde und vermehrten sich. Wie sie auf die Insel kamen? Die verschiedene Theorien dazu erfährst du unten.

  • Heute ist Okunoshima eine Touristenattraktion. Es gibt Fährverkehr, ein Hotel und ein Giftgas-Museum. Willst du wissen, welche Sehenswürdigkeiten die Insel noch bietet und welche grausamen Geheimnisse sie in der Vergangenheit gehütet hat? Lies weiter.

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Langohr-Paradies vor der Küste

Okunoshima vor der Küste Japans wird auch Kanincheninsel genannt.
Okunoshima vor der Küste Japans wird auch Kanincheninsel genannt.

Nationalpark mit Meeresblick

Badeparadies: Der Sandstrand auf Okunoshima lädt zum Sonnen und Baden ein. Die Insel ist ein beliebtes Ausflugsziel und Naherholungsgebiet und touristisch komplett erschlossen.
Badeparadies: Der Sandstrand auf Okunoshima lädt zum Sonnen und Baden ein. Die Insel ist ein beliebtes Ausflugsziel und Naherholungsgebiet und touristisch komplett erschlossen.© GettyImages - Melpomenem
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Okunoshimas Weg zur Kanincheninsel

Okunoshima war leicht abzuschotten. 1926 beschloss die japanische Regierung, dort Giftgas zu produzieren. Kurz zuvor hatte sie im Genfer Protokoll international versprochen, dieses nicht einzusetzen. 1938 erklärten die Behörden Okunoshima zum Sperrgebiet und tilgten die Insel von den Karten.

Unterschiedliche Quellen berichten, dass hier bis zu 5.000 Menschen Senfgas, Phosgen und Blausäure herstellten. Darunter waren auch koreanische Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter. 1944 wurden auch japanische Schülerinnen und Schüler zwangsverpflichtet. Viele trugen schwere Verletzungen und Verätzungen davon, andere starben. 1945 stoppte Japan die Produktion. Das Militär vernichtete Dokumente und Aufzeichnungen. Die Alliierten entsorgten die Reste des Gases und große Teile der Anlagen wurden gesprengt.

Heute ist die Insel ein grüner Nationalpark, landschaftlich wunderschön gestaltet, touristisch erschlossen. Rund 100.000 Besucher:innen kommen jährlich auf die Insel. Doch die grausame Vergangenheit ist allgegenwärtig: Schau- und Erklärtafeln auf der ganzen Insel ordnen die Historie ein.

Wie Okunoshima ein riesiger Freiland-Streichelzoo wurde? Dazu gibt es verschiedene Theorien. Eine spricht von Versuchskaninchen, die zu Kriegsende freigelassen wurden. Eine andere besagt, Forschende hätten die Tiere später auf die Insel gebracht, um zu testen, ob die Luft wieder rein und die Umweltbedingungen gut seien. Außerdem hält sich die Erzählung, eine Schulklasse habe 1971 nur acht Kaninchen hier freigelassen. So oder so: Die Nachkommen der Nager haben die ehemalige Kriegs-Insel nun friedlich erobert.

Kaninchen, Panorama, Ruinen - ein Insel-Besuch

Große Vielfalt: Die Kaninchen haben alle möglichen Farben und Zeichnungen. Eine Theorie: Die Forschenden wollten robuste Versuchskaninchen. Deshalb kauften sie auf Bauernmärkten unterschiedliche Rassen. In Freiheit mixten sich die Farben durch ungehinderte Vermehrung weiter.
Große Vielfalt: Die Kaninchen haben alle möglichen Farben und Zeichnungen. Eine Theorie: Die Forschenden wollten robuste Versuchskaninchen. Deshalb kauften sie auf Bauernmärkten unterschiedliche Rassen. In Freiheit mixten sich die Farben durch ungehinderte Vermehrung weiter.© Imago Images / Paul Brown
Speiseplan: Da es auf der Insel keine Fressfeinde gab, haben die Kaninchen keinerlei Scheu. Besucher:innen dürfen sie zwar füttern, aber bitte nicht auf Straßen und Wegen. Denn dann sind die Tiere zu beschäftigt mit dem Fressen und passen nicht auf. Am Hafen gibt es spezielles Futter zu kaufen. Die Reisenden sollen kein Futter oder Essensreste liegen lassen. Das lockt nur Krähen oder Raubvögel an.
Speiseplan: Da es auf der Insel keine Fressfeinde gab, haben die Kaninchen keinerlei Scheu. Besucher:innen dürfen sie zwar füttern, aber bitte nicht auf Straßen und Wegen. Denn dann sind die Tiere zu beschäftigt mit dem Fressen und passen nicht auf. Am Hafen gibt es spezielles Futter zu kaufen. Die Reisenden sollen kein Futter oder Essensreste liegen lassen. Das lockt nur Krähen oder Raubvögel an. © Imago Images / Paul Brown
Kontaktregeln: Den Touristinnen und Touristen ist es verboten, die Kaninchen zu jagen und sie dürfen sie auch nicht auf den Arm nehmen. Allerdings kommen die von allein und "jagen" eher die Menschen. Da Autos mit auf die Insel dürfen, wird den Besuchenden auch empfohlen, vor jeder Fahrt unter dem Wagen nachzusehen, ob sich dort nicht ein Kaninchen versteckt.
Kontaktregeln: Den Touristinnen und Touristen ist es verboten, die Kaninchen zu jagen und sie dürfen sie auch nicht auf den Arm nehmen. Allerdings kommen die von allein und "jagen" eher die Menschen. Da Autos mit auf die Insel dürfen, wird den Besuchenden auch empfohlen, vor jeder Fahrt unter dem Wagen nachzusehen, ob sich dort nicht ein Kaninchen versteckt.© Imago Images / Paul Brown
Ruinen: Besonders gut erhalten sind noch die Hallen des einstigen Kraftwerks (Foto). Aber auch sonst finden sich noch einige alte Gemäuer und Überreste über die ganze Insel verteilt. Die Fabrik selbst wurde zerstört. Einige Ausstattungsgegenstände zeigt heute das Giftgas-Museum auf Okunoshima.
Ruinen: Besonders gut erhalten sind noch die Hallen des einstigen Kraftwerks (Foto). Aber auch sonst finden sich noch einige alte Gemäuer und Überreste über die ganze Insel verteilt. Die Fabrik selbst wurde zerstört. Einige Ausstattungsgegenstände zeigt heute das Giftgas-Museum auf Okunoshima.© picture-alliance/ dpa | epa Franck Robichon
Militärische Hinterlassenschaften: Nachdem Japan 1945 kapitulierte, wirkten auch die Alliierten an der Demontage der Giftgasfabrik mit. Die Reste der Produktion wurden versenkt, die Anlagen geschliffen und gesprengt. Andere Gebäude verfielen mit der Zeit.
Militärische Hinterlassenschaften: Nachdem Japan 1945 kapitulierte, wirkten auch die Alliierten an der Demontage der Giftgasfabrik mit. Die Reste der Produktion wurden versenkt, die Anlagen geschliffen und gesprengt. Andere Gebäude verfielen mit der Zeit. © Getty Images
Nationalpark: Kaum zu glauben, dass sich die ehemalige Todesinsel in ein Naherholungsgebiet verwandelt hat. Doch das Kaninchenparadies lockt nicht nur mit langohrigen Bewohnern, sondern mit Badestränden, Wanderwegen und einer atemberaubenden Landschaft. Das Foto zeigt den Panoramaweg beim Leuchtturm im Süden der Insel. Willst du mehr darüber wissen, was Reisende auf Okunoshima erwartet, dann schau dir die folgende Emoji-Liste
Nationalpark: Kaum zu glauben, dass sich die ehemalige Todesinsel in ein Naherholungsgebiet verwandelt hat. Doch das Kaninchenparadies lockt nicht nur mit langohrigen Bewohnern, sondern mit Badestränden, Wanderwegen und einer atemberaubenden Landschaft. Das Foto zeigt den Panoramaweg beim Leuchtturm im Süden der Insel. Willst du mehr darüber wissen, was Reisende auf Okunoshima erwartet, dann schau dir die folgende Emoji-Liste© Getty Images
Große Vielfalt: Die Kaninchen haben alle möglichen Farben und Zeichnungen. Eine Theorie: Die Forschenden wollten robuste Versuchskaninchen. Deshalb kauften sie auf Bauernmärkten unterschiedliche Rassen. In Freiheit mixten sich die Farben durch ungehinderte Vermehrung weiter.
Speiseplan: Da es auf der Insel keine Fressfeinde gab, haben die Kaninchen keinerlei Scheu. Besucher:innen dürfen sie zwar füttern, aber bitte nicht auf Straßen und Wegen. Denn dann sind die Tiere zu beschäftigt mit dem Fressen und passen nicht auf. Am Hafen gibt es spezielles Futter zu kaufen. Die Reisenden sollen kein Futter oder Essensreste liegen lassen. Das lockt nur Krähen oder Raubvögel an.
Kontaktregeln: Den Touristinnen und Touristen ist es verboten, die Kaninchen zu jagen und sie dürfen sie auch nicht auf den Arm nehmen. Allerdings kommen die von allein und "jagen" eher die Menschen. Da Autos mit auf die Insel dürfen, wird den Besuchenden auch empfohlen, vor jeder Fahrt unter dem Wagen nachzusehen, ob sich dort nicht ein Kaninchen versteckt.
Ruinen: Besonders gut erhalten sind noch die Hallen des einstigen Kraftwerks (Foto). Aber auch sonst finden sich noch einige alte Gemäuer und Überreste über die ganze Insel verteilt. Die Fabrik selbst wurde zerstört. Einige Ausstattungsgegenstände zeigt heute das Giftgas-Museum auf Okunoshima.
Militärische Hinterlassenschaften: Nachdem Japan 1945 kapitulierte, wirkten auch die Alliierten an der Demontage der Giftgasfabrik mit. Die Reste der Produktion wurden versenkt, die Anlagen geschliffen und gesprengt. Andere Gebäude verfielen mit der Zeit.
Nationalpark: Kaum zu glauben, dass sich die ehemalige Todesinsel in ein Naherholungsgebiet verwandelt hat. Doch das Kaninchenparadies lockt nicht nur mit langohrigen Bewohnern, sondern mit Badestränden, Wanderwegen und einer atemberaubenden Landschaft. Das Foto zeigt den Panoramaweg beim Leuchtturm im Süden der Insel. Willst du mehr darüber wissen, was Reisende auf Okunoshima erwartet, dann schau dir die folgende Emoji-Liste
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Tourismus auf Okunoshima: Das gibt es noch zu sehen

🏕 Unterkunft: Die Überfahrt mit der Fähre dauert nur 15 Minuten. Im Süden der Insel gibt es sowohl einen Campingplatz als auch ein Tagungshotel. Beide sind gut zu erreichen, und wer ohne Auto kommt, kann einen kostenlosen Shuttlebus nehmen. Ein Spaziergang zum Hotel dauert aber ebenfalls nur 15 Minuten.

🏖 Badespaß: Wer es ruhig und relaxed will, findet im Wellnessbereich des Hotels eine heiße Quelle - auch für Tagesgäste, die nicht übernachten. Für alle, die es gerne bodenständiger lieben, ist das Baden im Meer erlaubt. Kommt natürlich immer auf die Temperaturen an, und wie hart gesotten die Schwimmenden sind. Im Sommer gibt es hier Snackbuden und der Strand ist auch mit Duschen für Badende ausgebaut.

🚲 Sport: Besucherinnen und Besucher können sich Fahrräder leihen und damit die Insel erkunden. Die Wanderwege sind gut ausgebaut, und wer möchte, kann den Berg samt Aussichtsplattform erklimmen. Der Rundum-Panoramablick über den Ozean ist fantastisch. Außerdem gibt es Tennisplätze und das Angeln ist sehr beliebt.

🏯 Giftgas-Museum: Neben den Ruinen, die auf der Insel an die traurige Vergangenheit des Ortes erinnern, wurde speziell ein Giftgas-Museum eingerichtet.

🎨 Kunst: Hier und da gibt es Kunst-Installationen, die von Kaninchen inspiriert wurden. So stehen auf der Strandpromenade überdimensionale Hasenohren zum "Hineinschlüpfen". Als beliebtes Fotomotiv gilt die zwei Meter große Kaninchenuhr am Hafen. Sie hilft nicht nur, die Fähre pünktlich zu erreichen, sondern ihre Ziffern ändern je nach Wetter die Farbe.

🍱 Gastro: Es gibt nur ein Restaurant und Café. An das "Rabbit Café" ist ein Souvenirladen angeschlossen. Natürlich bietet auch das Hotel Getränke und Snacks an, aber dennoch werden Touristinnen und Touristen gerade im Sommer gebeten, sich Lunchpakete von zu Hause mitzubringen

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