
Gleiches Geld für alle: Das Grundeinkommen wird jetzt in Deutschland getestet
Faulenzen, Geld kassieren, glücklich sein. Sieht so ein Leben mit bedingungslosem Grundeinkommen aus? Was hinter der Idee steckt und wie das Konzept jetzt bei uns getestet wird.
Das Wichtigste zum Thema Grundeinkommen
Kurzarbeit, Angst vor Job-Verlust oder der Ruin als Selbstständige:r - in Zeiten von Corona ist bei vielen die Furcht vor sozialem Abstieg groß.
Eine viel diskutierte Lösung: das bedingungslose Grundeinkommen.
Die Idee: Jeder erhält einen bestimmten monatlichen Betrag - ganz ohne Gegenleistung. Auch wer eigenes Vermögen hat, soll es bekommen. Die Rede ist von etwa 1.000 Euro pro Person.
Dem Bundestag liegen bereits mehrere Petitionen zu dem Thema vor. Laut einer Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung von 2019 befürworten zwischen 45 und 52 Prozent der Befragten ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Wie würde sich unser Verhalten durch das Grundeinkommen verändern? Die Initiative "Mein Grundeinkommen" startet dazu die erste deutsche Langzeitstudie. Seit 1. Juni bekommen 122 Menschen 3 Jahre lang jeden Monat 1.200 Euro.
So könnte das Grundeinkommen aussehen: 3 viel diskutierte Modelle
Geld für alle: Klingt in der Theorie schön! Doch wie funktioniert das in der Praxis? Es gibt unzählige Modelle und Denkansätze. Sollen alle vom Säugling bis zum Rentner das Grundeinkommen erhalten? Wie wird es finanziert? Und welche anderen Sozialleistungen müssen gestrichen werden?
#1: Neues solidarisches Bürgergeld
💡 Ideengeber: Dieter Althaus, ehemaliger Ministerpräsident von Thüringen
Das Konzept: Jede Bürgerin und jeder Bürger bekommt 500 Euro. Daneben gilt der einheitliche Einkommenssteuersatz von 25 Prozent auf alle Einkünfte.
Zieht man 500 Euro von den 25 Prozent der Einkommens-Steuer ab, ergibt sich entweder ein positiver oder negativer Betrag. Ist er negativ, bekommt man ihn ausbezahlt. Ist er positiv, ist das die Steuerschuld.
Leistungen wie die Kosten der Unterkunft oder Aufwendungen für Pflegebedürftigkeit oder für Alleinerziehende sollen weiterhin bestehen bleiben. Dafür fallen Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Kindergeld und Kinderfreibetrag, Elterngeld, Grundsicherung im Alter und BAföG weg.
#2: Emanzipatorisches Grundeinkommen
💡 Ideengeber: Ein Teil der Partei DIE LINKE
Das Konzept: Die Hälfte des Volkseinkommens soll als Grundeinkommen gezahlt werden. Im Jahr 2013 wären das 1.080 Euro für Erwachsene und 540 Euro für Kinder gewesen.
Dazu gibt es eine Grundeinkommens-Abgabe und Steuererhöhungen für Besserverdienende. BAföG, Kinder- und Erziehungsgeld fallen weg. Arbeitslosen-, Pflege- und Krankenversicherung werden als gesetzliche Bürgerversicherung umgestaltet.
#3: Grundeinkommen nach Werner
💡 Ideengeber: Götz Werner, Gründer der Drogeriemarkt-Kette dm
Das Konzept: Ein fester Betrag ist nicht vorgesehen, diskutiert werden oft 1.000 Euro. Es soll eine Konsumsteuer geben und dafür Einkommenssteuer und Lohnsteuer abgeschafft werden, um die Arbeit von Kosten zu befreien. Das soll auch die Produktivität ankurbeln. Sozialleistungen werden bei diesem Modell hinfällig.
Grundeinkommen - was dafür spricht ...
- 💰
Im Beruf kommt es weniger auf den Verdienst an, die eigenen Interessen treten in den Vordergrund. Systemrelevante Jobs, in denen man aktuell wenig verdient, werden attraktiver.
- ⚖️
Die staatlichen Finanzleistungen werden gerechter verteilt.
- 📚
Die Bürokratie rund um die Sozialleistungen wird abgebaut und das Steuersystem vereinfacht
... und was dagegen
- 😴
Keiner hat mehr Lust zu arbeiten, das Nichtstun wird gefeiert.
- 💶
Die Finanzierung ist nicht einfach zu stemmen und könnte für noch mehr soziale Ungleichheit sorgen.
- 😧
Die Auswirkungen auf das Renten- und Sozialversicherungs-System sind nicht abzuschätzen.
Du bist gefragt: Bist du für oder gegen ein Grundeinkommen?
Wie funktioniert das Grundeinkommen in der Praxis?
In Deutschland gibt es bereits ein Experiment zum Grundeinkommen. Mithilfe von Crowdfunding sammelt der Verein "Mein Grundeinkommen" Spenden.
Sobald 12.000 Euro zusammenkommen, wird die Summe als Grundeinkommen von 1.000 Euro pro Monat verlost. Rund 587 Grundeinkommen wurden so schon verteilt. Die Erfahrung des Vereins: Die Gewinner:innen des Grundeinkommens genießen es, mehr Sicherheit zu haben, fühlen sich weniger gestresst und sind gesünder.
Das Leben mit Grundeinkommen - so könnte es aussehen
Das Leben mit Grundeinkommen - so könnte es aussehen
Bei dem Thema bedingungsloses Grundeinkommen scheiden sich die Geister. Der Berliner Verein "Mein Grundeinkommen" probiert es einfach aus, indem er es für ein Jahr lang verlost. Galileo zeigt, wie sich das Leben der Gewinner verändert hat!
Die Finnen haben es schon ausprobiert
In Finnland testete die Regierung mit 2.000 arbeitslosen Menschen über 2 Jahre das Grundeinkommen. Statt dem bisherigen Arbeitslosengeld bekamen sie monatlich 560 Euro. Es gab keine zusätzlichen Auflagen. Auch bei den Behörden mussten sich die Testpersonen nicht melden.
Ergebnis: Die Teilnehmer:innen fühlten sich zwar besser und gesünder, allerdings blieben die meisten von ihnen arbeitslos - das Experiment gilt als gescheitert. Es gab allerdings auch viel Kritik an der Durchführung des Versuchs.
Wer soll das bezahlen?
Die Antworten darauf gehen weit auseinander. Zum Vergleich: 2018 lag das Sozial-Budget in Deutschland bei 996 Milliarden Euro. Dazu zählen sämtliche Geld- und Sachleistungen, selbst erwirtschaftete Renten und geleistete Sozialabgaben.
Würde jede Bundesbürgerin und jeder Bundesbürger 1.000 Euro Grundeinkommen erhalten, wären genau 996 Milliarden im Jahr nötig. Klingt machbar. Allerdings ist die Rechnung etwas komplizierter. Verschiedene Modelle sehen etwa vor, dass manche Sozialleistungen weiterhin gezahlt werden (siehe oben).