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Darf der Staat Corona-Spaziergänge verbieten?

  • Veröffentlicht: 11.01.2022
  • 18:42 Uhr
  • Carina Neumann-Mahlkau
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© picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopres

Inmitten der steigenden Inzidenzen und heranrollenden Omikron-Welle treffen sich aktuell vielerorts Corona-Zweifelnde zum "Spaziergang". So protestieren sie gegen die geltenden Corona-Maßnahmen. Dürfen Staat und Polizei hier einschreiten?

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Das Wichtigste zum Thema Corona-Spaziergänge

  • Seit einigen Wochen treffen sich vermehrt Corona-Leugner:innen auf sogenannten "Spaziergängen", um gegen die Maßnahmen der Regierung zur Pandemie-Bekämpfung zu demonstrieren.

  • Dabei kommt es immer wieder zu Ausschreitungen und Gewalt gegen die Polizei. Unter den Demonstrierenden sind auch Rechtsextreme.

  • Am Montagabend (10. Januar) fanden vielerorts "Montags-Spaziergänge" statt. Zehntausende Menschen gingen auf die Straße, teils waren die Versammlungen unangemeldet.

  • Was dürfen der Staat und die Polizei dagegen tun, und was nicht? Wir klären auf.

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"Spaziergänge" sind rechtlich gesehen Versammlungen - das darf die Polizei

📅 Versammlungen müssen spätestens 48 Stunden vor ihrem Beginn offiziell angemeldet werden.

😷 Versammlungen werden nur unter Auflagen wie Maskenpflicht und Sicherheitsabstand genehmigt.

👆 Es muss ein Versammlungsleiter bestimmt werden, der den Ablauf organsiert und währenddessen für Ordnung sorgt.

👮🏽 Gibt es keinen Versammlungsleiter, ist die Polizei dafür zuständig. So oder so ist sie verpflichtet, bei Versammlungen anwesend zu sein und aufzupassen.

🛑 Ist eine Versammlung nicht angemeldet, darf die Polizei sie ohne Weiteres auflösen. Bei Regel-Verstößen darf sie auch angemeldete Versammlungen auflösen.

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Darf der Staat die Spaziergänge grundsätzlich verbieten?

Die Pandemie bringt die deutsche Rechtslage an ihre Grenzen. Die Situation ist kompliziert, das zeigt auch der jüngste Fall des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Rheinland-Pfalz: Wie einige andere Bundesländer, Städte und Gemeinden wollte die Kreisverwaltung Südliche Weinstraße kürzlich "nicht ordnungsgemäß angemeldete und behördlich bestätigte Montags-Spaziergänge" im Landkreis verbieten. Aber es gibt dabei gleich 2 Probleme:

Problem 1: Begründet wurde das Verbot mit dem Infektionsschutz - es sei zu erwarten, dass die Teilnehmenden die Hygiene-Auflagen nicht eingehalten würden. Die Maßnahmen zum Infektionsschutz regelt das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Durch das Ende der epidemischen Lage von nationaler Tragweite im November 2021 ist aber Absatz 8 im § 28a IfSG wieder aktiv - der besagt, dass Versammlungen aus Infektionsschutz-Gründen nicht mehr verboten werden dürfen. Sprich: Ohne eine erneute Einstufung als epidemische Notlage der Bundesregierung gibt es kein Recht auf Verbot.

Problem 2: Das Infektionsschutzgesetz kollidiert grundsätzlich mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Dieses Grundrecht umfasst keine Regelungen zum Infektionsschutz. Deshalb war es selbst während der epidemischen Notlage schon schwierig, Versammlungen zu untersagen. Hierfür müsste eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der beiden Gesetze erfolgen. Bisher ist das aber noch nicht geschehen.

Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind im Grundgesetz verankert

Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit sind Grundpfeiler der deutschen Demokratie. Selbst im Ernstfall können sie als Teile des Grundgesetzes nicht einfach durch andere Gesetze ausgehebelt werden. Das ist nicht in allen Ländern der Welt selbstverständlich.

In Artikel 5 des Grundgesetzes wird außerdem die Freiheit der Presse zugesichert. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" liegt Deutschland aktuell auf Platz 13 von 180 Ländern weltweit.

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Fazit

⚖️ Ein grundsätzliches Verbot von Corona-"Spaziergängen" lässt sich rechtlich schwer umsetzen, da die deutschen Gesetze hier teils kollidieren. Die Polizei darf unangemeldete Versammlungen aber sofort auflösen. Das Gleiche gilt bei Verstößen auf angemeldeten Demos.

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